Johannesaltar

Johannesaltar

Johannesaltar
Öl auf Leinwand
2005
einmal ( 250 x 200 cm )
zweimal ( 250 x 100 cm )
einmal ( 35 x 210 cm )
zweimal ( 35 x 105 cm )
zweimal ( 20 x 50 cm )

 

1.) Bildkonzeption:

Der dreiteilige Flügelaltar ist im Mittelteil in Höhe mal Breite im Verhältnis 5:4 eingeteilt, entsprechend sind die beiden Außenteile im Verhältnis 5:2 entworfen.
Der Johannes-Altar(JA) nimmt christliche Grundthemen, Symbolfiguren und einzelne Bildmotive -allgemein aus der Bibel, aber v.a. aus dem Evangelium des Johannes, seinem 1. Brief sowie seiner Vision der Apokalypse- in vielfältiger Form und Bezügen auf.
Dabei will das Bild durch die kindliche Darstellungweise, die dekorativen Muster und die freundliche Farbwahl den Betrachter ansprechen und ihm eine Art Lebenshilfe anbieten.
So steht eine tiefenpsychologische Ebene gleichrangig neben der theologischen bzw. ist mit ihr verzahnt. Daher stellt der Johannesaltar eine symbolvolle Illustration des Weges Jesu Christi dar und wird zugleich zum Begleiter auf dem Lebensweg eines jeden Menschen.

Der Lebensweg des Menschen beginnt auf dem rechten Flügelteil in der Auseinandersetzung mit Trieben, Verführungen, Verfehlungen, Ängsten, Gefahren, den Abgründen der Hölle, im psychoanalytischen ES.
Durch den Blick auf die Tugenden und Ideale im Bereich des ÜBER-ICH auf dem linken Flügelbild steigt der Mensch auf in den Himmel.
Im Mittelteil sind die beiden konträren Welten in die gestärkte, selbstbewusste Persönlichkeit (symbolisch dargestellt als Lamm in der Bildmitte) positiv integriert, und sie steht felsenfest im eigenen irdischen Paradies: die Schlangen/Gefahren sind gebändigt, die Ideale maßvoll postiert, fremde Lichtquellen wie Sonne und Mond braucht der neue Mensch nicht mehr, er leuchtet nun selber (Kreuznimbus des Lamms).
So wandert der Mensch durch die Elemente Feuer und Luft zu Erde und Wasser, nur dort kann er (körperlich und geistig über-)leben.
Auf seiner Reise reinigt und erneuert er sich wie in der Taufe:
jeder erschafft sich selber, jeder ist der dritte Adam.

2.) Bildbeschreibung der einzelnen Tafeln (in Stichworten)

a.) rechte Tafel:

1. Körper
2. psychoanalytische Institution: Es
3. Element: Feuer
4. Ort: Hölle
5. theologische Tugend: Glaube (ç Offenbarung, Blut)
6. Kardinaltugend: Tapferkeit
7. Hauptfarben: Rot und Grün
8. Licht: etwas vom Mond, den Flammen und Blitzen sowie den 7 Kerzen
9. Bewegung: durch Dreiecke auf der Spitze stehend nach unten
10. Muster: Flammen sowie Blitze oben und Blutstropfen unten (Teilung bei 6(oben):9(unten))
11. Macht - Thron (è Apokalypse)
12. Vogel: Phönix (der in der Flamme umkommt und wieder aufersteht)
13. Tauben (als die 7 Gaben des heiligen Geistes): Stärke und Furcht Gottes
14. Schlange: als Drache Symbol des Bösen
15. Pflanze: Efeu (Treue und ewiges Leben)
16. Fisch: auf dem Thron liegend und im Kelch schwimmend
17. Hauptmotiv: Christus steht vor dem Thron und trägt als guter Hirte ein Lamm, er tritt auf den Kopf des Drachen als Zeichen des Sieges über das Böse
18. Nebenmotive:

o Engel mit Posaunen (è Apokalypse)
o Engel mit Flammenschwert bekämpft das Böse
(è Michael in der Apokalypse)
o Engel geht 7stufige Leiter zum Sonnentor der Mitteltafel hoch
o Kelch auf Thron voller Blut, darin eine Schlange
(Zeichen des Johannes als Märtyrer)
o 7 Fackeln/Kerzen: (Offbg.Joh.) die Urkräfte / Geister Gottes
o oben: Omega sowie Blitze und Blutstropfen
o um den Drachen: die 7 Todsünden als Tiere:
Schnecke (Trägheit), Centaur (Hochmut), Fledermaus (Neid), Schwein (Völlerei), Kröte (Geiz), Kamel (Zorn), Bock (Wollust)
o Lastersymbole stehen unter/um einen (Efeu-)Baum, dessen Wurzeln aus Schlangenleibern bestehen
o Drache und Lastersymbole in einer Höhle:
a. in einer Höhle auf Patmos empfing Johannes die Visionen
b. das innerste Wesen der Höhle ist die todbringende Sünde selbst, in der die Verdammten
gestorben sind, die selbstverschuldete absolute Gottesferne

 

b.) linke Tafel:

1. Geist
2. psychoanalytische Institution: Über-Ich
3. Element: Luft
4. Ort: Himmel
5. theologische Tugend: Hoffnung
6. Kardinaltugend: Gerechtigkeit (Waage)
7. Hauptfarben: Weiß und Blau
8. Licht: von der Sonne, den Sternen und den Leuchtern
9. Bewegung: durch Dreiecke nach oben
10. Muster: Kreise (für Luft) sowie oben Sterne und unten Rosen (Teilung bei 6(oben):9(unten))
11. Verstand / Logos - Buch (darin: Rosen)
12. Vogel: Adler (der in die (geistigen) Höhen aufsteigt)
13. Tauben: Verstand, Wissen
14. Schlange: als Kreis Symbol der ewigen Wiederkehr (Kreislauf)
15. Pflanze: Rose (Tapferkeit)
16. Fisch: in den Klauen des Adlers (Christus lässt den Gläubigen an seinem ewigen Leben teilhaben)
17. Hauptmotiv: Christus steht vor dem christlichen Gesetzbuch; als Kind, das Rosen in der Hand hält
bzw. Rosen (aus den Wolken) streut, gibt er Hinweis auf die Wunden der Märtyrer
18. Nebenmotive:

o Engel auf Wolken mit Palmzweigen (Zeichen des Sieges)
o Buch mit 7 Siegeln (è Apokalypse)
o 7stufige Leiter, angelehnt an das Gesetzbuch als Halt/Orientierung
o unter der Leiter/um die Schlange herum 7 Gegenstände, die auf die 7 Tugenden verweisen:
a.) 3 theologische Tugenden:
Glaube - Schlüssel
Hoffnung - Anker
Liebe - Ofen
b.) 4 Kardinaltugenden:
Tapferkeit - Schild
Gerechtigkeit - Schwert
Klugheit - Spiegel
Mäßigung - Brille
o 3 ineinander verschlungene Kreise weisen auf die Dreifaltigkeit (Schild, Schlange/Anker, Spiegel)
o schöne Lampen (stilisiert z.B. nach der Form der Lilie) zeigen die Form des Blumenkelches è Aufnahmebereitschaft
o die allegorische Gestalt der Hoffnung durch eine (weibliche) Gestalt trägt (manchmal) ein Schiff als Zeichen des Übergangs auf dem Kopf - Maria auf der Mondsichel è hier erscheint Mondsichel und Schiff in einem
o Leidenswerkzeuge Christi: Reisigrute, Hammer, Hahn (von der Verleugnung Petri), Käfig
o oben: Alpha sowie Sterne und Rosen

 

 

c.) Mitteltafel:

1. Seele
2. psychoanalytische Institution: Ich
3. Element: Erde (oben) und Wasser (unten)
4. Ort: irdisches Paradies
5. theologische Tugend: Liebe
6. Kardinaltugenden: Klugheit (Schlange) und Mäßigung (Totenkopf und Sanduhr)
7. Hauptfarben: Gelb und Violett
8. Licht: u.a. vom Kreuznimbus des Lamms
9. Bewegung: Spiralen unten von unten nach oben; oben waagerechte Spiralen (Teilung bei 9(oben):6(unten)); zudem oben Bogenlinien ausgehend vom Kreuznimbus è Bewegung ins Bildzentrum/zum Lamm
10. Muster: Quadrate (für Erde) und Kreise (für Wasser) sowie waagerechte (für Erde) und senkrechte Spiralen (für Wasser); oben Erdbeeren, unten Weinreben
11. Demut / Lamm
12. Vogel: Taube - Liebe (sowie Frömmigkeit/Glaube an sich) mit Ölzweig
13. Tauben: Weisheit, Rat und (oben) Frömmigkeit
14. Schlange(n): als Rand des 8eckigen Taufbeckens Symbol der Klugheit und der steten Erneuerung è Christussymbol (ebenso wie der Felsen); als Spirale: Symbol der Lebenskraft und Lebensweg aus der Tiefe
15. Pflanzen: Wein(reben) (è Mäßigung) und Erdbeere: Sinnbild edler Bescheidenheit und Demut, ihr 3faches Blatt symbolisiert die Dreifaltigkeit; die Erdbeere kann aber auch ein Symbol der Verlockung zur Lust der Welt darstellen
16. Fische: springen aus der Quelle bzw. schwimmen unten im Wasser
17. Hauptmotiv: das Lamm steht mit Siegesfahne des Ostermorgens und Kreuznimbus auf dem Felsen,
aus dem die 4 Paradiesflüsse entspringen und in ein 8eckiges Taufbecken fließen
(Reinigung und Neuschöpfung è 8. Tag der Schöpfung: Ostern/Auferstehung Christi)
18. Nebenmotive:

o zwei Engel tragen Sonne und Mond weg
o ein Engel rollt das Firmament der linken Tafel ein
o ein Engel öffnet die kleine Sonnenpforte zur rechten Bildtafel
o der schlafende Engel beim Schaf: kennzeichnet besonders gesegnete oder durch Traumvision
begnadete Personen
o oben: Christusmonogramm/Sonnenrad sowie Erdbeeren und Weintrauben
o unten: Totenkopf und Sanduhr (è Mäßigung)

3.) Anmerkungen :

a.) Parallel zu den Bildeingebungen des Evangeliars Johannes ist der JA eine VISION,ein symbolträchtiges,allegorisches Sinnbild für das Leben eines vitalen ,offenen ,zum Konflikt und zur Veränderung bereiten Menschen.

Joseph Beuys:"Jeder Mensch ist ein Künstler,der zu ständiger(Selbst-) Reflexion bereit ist."

Mit dem JA zeige ich mein künstlerisches Evangelium,meine Botschaft: mit Kunst Menschen anregen,bewegen, begleiten,helfen, kräftigen, aufrühren, läutern hin zu einem bewussten Lebensweg,hin zu einem wahrhaftigen Individuum.

Der JA ist ein Weg,eine Reise zu Gott und/oder zu sich selbst. Gab es früher klare Vorgaben/Gebote,soll der JA für die heutige, offene Welt (siehe Musikkomponist Luigi Nono : Kunst als Gehen ohne vorgegebenen Weg) durch seinen ornamentalen und sinnbildhaften Charakter eine abstrahierte Vorgabe bieten.

b.) Der JA soll durch seinen ornamentalen Grundcharakter mit vielfältigen Farbnuancierung funkeln wie ein Diamant.

Ein Diamant,bestehend aus reinem Kohlenstoff und damit das härteste Material der Erde,ist Symbol für Tugend und Vernunft.

Das Einheitsgewicht für diese Edelsteine ist Karat.Ein Karat entspricht 0,2 Gramm, dies entspricht einem Samenkorn des Johannesbrotbaumes.

c.) Alfred Adler (geb. 1870 in Wien,gest. 1937 in Aberdeen) war Begründer der Individualpsychologie,die viele seelische Störungen aus mangelhaft befriedigtem Gestaltungsstreben erklärt:

Der Mensch bewegt sich (einfach formuliert) vom Negativen zum Positiven.Der Mensch an sich, auch der vermeindlich starke,fühlt sich minderwertig,aber dieses Gefühl kann er kompensieren.Adler sieht das menschliche Leben als Bewegung, als mögliche Eigengestaltung und Verarbeitung von (individuellen/inneren wie von außen angetragenen) Problemen,ja: der Mensch braucht Reibungspunkte für (individuelles/seelisches) Wachstum und Reife.

In seiner Individualpsychologie hält er,in Abgrenzung zum Begründer der Psychoanalyse Sigmund Freud,die Zukunft für ebenso bedeutend wie die Vergangenheit.Seelische Krankheit entsteht laut Adler dort,wo der Weg zu einem (Lebens-)Ziel verhindert wird. Diese Hindernisse müssen erkannt und abgebaut werden. Anders als Freud war ihm dabei (Augen-) Kontakt zwischen Therapeut und Patient wichtig, ebenso ein gesunder Humor. Adler appeliert an die gesunden Anteile im Menschen, um sich eine seiner Persönlichkeit entsprechende Position im Leben aufzubauen.Der Mensch therapiert sich dabei selber,der Therapeut fungiert nur als ein Hilfsmittel. Der Mensch findet sich im Gemeischaftsgefühl zu Hause.

d.) Mythos vom Ich:

Die aktuelle Hirnforschung gibt uns folgendes Bild vom Bewusstseinstheater:

Neurone spielen uns vor, wir wären eine Persönlichkeit . Die Seele entspricht einer Metapher für ein Gefühl in uns.Große Gruppen von Nervenzellen im Gehirn sind aktiviert und sagen: ich sehe einen Baum. Eine andere große Gruppe sagt danach : ich sehe einen Vogel. Das einzig reale dabei ist die Vielheit der vielfältigen Neuronengruppen,die Einheit dazu (ich sehe einen Baum mit Vogel) baut das Be wusstsein zusammen : wir konstruieren uns selbst unser Leben/ Theater . Der Autor des Stückes ist das Gehirn selbst,das System und seine Fähigkeit zur Selbstorganisation. Das Gefühl ist ein Produkt von Nervenzellen,das Gehirn entwickelt ein Selbstmodell,eine Fiktion. Abweichungen von "gesunden" Selbstbildern findet man z. B. bei Schizophrenen:bei ihnen ist der Aufbau des Selbstkonzeptes gestört,sie können nicht mehr trennen,ob die Stimmen/Urteile von innen oder von außen kommen.

Der präfrontale Kortex im Gehirn ist Sitz des Selbstkonzeptes,er (bzw. seine Ergebnisse) gibt uns das Gefühl der Einheit von Körper und Geist,die Identität.Und dieses System kann uns auch suggerieren, dass Aktivitäten von außen von uns selbst initiiert wurden. Das Ideal des "freien Willens" ist dabei ein Konstrukt des Gehirns. Diese wissenschaftliche Erkenntnis kann zum endgültigen Verlust von traditionellen Wertevorstellungen,die an einem positiven Menschenbild orientiert sind,führen.An seiner Stelle besteht die Gefahr des Triumphes eines Vulgärmaterialismus: die endgültige Entzauberung menschlicher Genialität/Einzigartigkeit könnte eine Entwertung des Menschen an sich herbeiführen und uns von moralischen Werten und Normen weit entfernen.

e.) Rausch:

Entrückung, Verzückung,Entgrenzung,Inspiration.

- Hildegard von Bingen: nahmen Visionen alle Angst und Traurigkeit.

Sie wollte das Welträtsel lösen, der Welt auf den Grund gehen.

- Aja Addi: (Trommler und Priester aus Ghana) erreicht Rausch durch rhythmische Musik und Tanz.Durch das Aufnehmen,das in einen fahren eines Geistes kommt es zur Entpersönlichung,zu Trance. Addi:"Die Geister sind überall,man muss sie hereinlassen, entspannen und Energien fließen lassen."

- Richard Wagner: gelingt (z.B. in seiner Oper "Tristan") musikalisch eine psychoanalytische Auffächerung der unerfüllten Liebe, die Musik steigert sich bis zur (erotischen) Ekstase.

- im Salsa- und Tangotanz: erfährt man rauschhaftes Glück: zeitlos,körperlos,müde-/mühelos,schwerelos.Schweben. Wenn sich die Füße bewegen,bewegt sich auch der Geist.

- tanzende Derwische: erreichen Ekstase durch entgegengesetzte Kreisbewegungen.Die orientalischen Priester erreichen durch die Illusion des Schwebens einen Aufstieg zu Gott

bzw. das Herabsteigen Gottes auf die Erde,

- für den Komponisten Skriabin: ist Ekstase schöpferische Eingebung (wie in der Apokalypse),die ihn sich selbst sehen lässt vergleichbar Friedrich Nietzsches Übermensch.

- E.T.A. Hoffmann: sucht durch Rausch (u.a. durch Alkohol) Inspiration. Kunst steht in der Nähe von Halluzination. Kreativ werden heißt wachsen wie ein Baum, neue Türen öffnen.

- im LSD-Rausch: erscheint Musik als Farben und Formen.

Doch das Glücksgefühl kann umschlagen zum Horror.

- Meditation: ist das reine Glück,eine Begegnung mit sich selber,mit allem und/oder dem Nichts. Ein Gefühl der Klarheit,Wahrheit,Erleuchtung,das Nirwana,eine Reise in andere Bewusstseinszustände .

 

 

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