Paralympics der Erotik
"Paralympics der Erotik"
Tusche auf Papier
60 x 80 cm
2009
Die Zeichnung wird in 2010 in Öl auf Leinwand in der Grösse 200 x 300 cm umgesetzt.
Anläßlich des gleichnamigen Ausstellungsprojektes von k-UFO gestaltete ich diese Zeichnung.
Am 31.12.2009 wird k-UFO eine erste Präsentation der künstlerischen Beiträge in der van-Galen-Strasse in Düsseldorf-Gerresheim organisieren,in 2010 zudem an einem weiteren Ort.
Bildbeschreibung:
A.
Pierre Baron de Coubertin (franz. Historiker und Pädagoge,1863-1937),
Begründer und Leiter des Internationalen Olympischen Comitees (IOC):
"schneller...höher...stärker" (die eigentliche Formel der olympischen Spiele der Neuzeit,nicht "dabeisein ist alles");die Faszination an Höchstleistungen und Rekorden (auch durch Doping) war grösser/ausschlaggebend).
B.
Die antike Olympiade war ursprünglich ein religiöses Fest,das alle vier Jahre in Olympia stattfand und Gottvater Zeus (seine Waffen/Attribute: Blitz,Donner und Gewitter) geweiht war;die erbrachten Leistungen stellten ein Opfer für ihn dar.
Neben den sportlichen fanden auch künstlerische Wettbewerbe statt.
C.
- Die Säulenordnung von griechischen Tempeln bzw. ihr Proportionsverhältnis in der Grundfläche ist 6:13 (entspricht der Fläche der drei einzelnen Athletenflächen).
- Neben Phidias ist Polyklet (mit dem Buch "Kanon":die idealen Proportionen der stehenden männlichen Figur,ca. 440 v.Chr.) der bedeutenste Bildhauer in der Zeit der hohen Plastik (480 - 450 v.Chr.),wobei der Gesichtsausdruck typisch distanziert,emotionslos ist.Polyklet setzte das Streben der griechischen Bildhauer nach dem idealen männlichen Körper fort,wobei eine Figur in Idealform gleichzeitig auch das genaue Abbild der Natur ist.Inspiriert wurde Polyklet möglicherweise durch den Glauben,der menschliche Geist könne die Natur des Göttlichen begreifen und die Götter seien anthropomorphe Wesen.Offensichtlich wollte er ein perfektes Bild schaffen,das sowohl einen Gott als auch einen Gott meinen könnte.
- Nike von Samothrake
vielleicht von Pythokritos
um 180 v.Chr.
Marmor,Höhe 245 cm
Paris,Museum Louvre
Die gedrehte Pose,das schwingende Gewand und die dramatische Präsentation der berühmten Nike (griech.:"Sieg") findet ihre Parallelen auf dem Pergamon-Altar.
Die Personifikation des Sieges läßt sich ikonographisch auf Vorläufer wie die Nike des Paionios zurückführen;klassische Ruhe und barocke Vitalität prägen sie gleichermaßen.
Eingefangen ist bei der Nike von Samothrake der Moment der Landung aus dem Flug.Die Basis hatte man in Form eines Schiffsbuges modelliert.Nach Aussagen der Ausgräber stand die Plastik in einem Wasserbecken,dem ein zweites,mit Felsbrocken gefülltes Wasserbecken beigeordnet war.Zu interpretieren ist das Arrangement von Nikes Ankunft auf einem Schiff wohl als Symbol für das "Staatsschiff" und dessen Fahrt über die wogende See.Dieses effektvolle Werk wurde durch seinen Standort im Heiligtum hoch oben auf einer Klippe noch betont.
D.
Im (Hochleistungs-)Sport wird immer verglichen und zugleich bewertet;dieses Grundverhalten wird auf immer mehr Bereiche übertragen.
Hinter der Rating-Manie steht der Zwang des Menschen,die Welt - wenn es denn kein Gott mehr richtet - zu bewerten und ihren Lauf,ihre Geschicke (scheinbar) zu regeln und zu kontrollieren.
Der Leistungs- und Kommerzialisierungsdruck hat längst auch den einst privaten,von Emotionen bestimmten Bereich der Erotik weit in das Feld der öffentlichen Bewertung und Beurteilung gedrängt.Mit der (angeblich tabubrechenden/-losen) Sexualisierung und Pornografisierung wird dieser einstmals für die menschliche Seele stärkende Lebensinhalt reduziert auf technisch/funktionale Optimierung und ökonomische Maximierung (- mit der damit zusammenhängenden Zunahme der Scheidungsraten und Singlehaushalten sowie der Abnahme der Kindergeburten -) mit dem befremdlichen wie logischen Resultat,daß dann letztlich der ideale Partner eine Maschine ist bzw. der Mensch selber zu einer wird:
die Supersexathleten mutieren zu Puppen,künstlichen Mischwesen,die völlig abhängig von technischen Apparaten sind.
Der Marionettenkörper im sterilen Labor ist zudem eine allgemeine Bildmetapher für die Abhängigkeit und Isolierung des Menschen von der Technik,der modernen Medizin sowie gesellschaftlichen Zwängen.Und zugleich kann die Puppe auch als Vehikel für das eigene unvollkommene Ego,als Möglichkeit der Projektion/Spiegelung auf ein künstliches (Schein-)Ideal dienen.
Das antike Weltbild der Wiederkehr/-spiegelung des Göttlichen in der menschlichen Erscheinung wird im Spätkapitalismus transformiert in die öffentliche Verfügbarkeit sexueller Reize zur Vermehrung finanziellem Kapitals.
Das fundamentale Grundbedürfnis nach Halt,Orientierung,Identität suchte der Mensch in früheren Epochen im Glauben,heute in der globalisierten Veröffentlichung:
erhalte ich keine Liebe/Wert mehr von den Göttern,muss ich mich selbst vergöttlichen (durch Aufmerksamkeit bis hin zur "Berühmtheit").
Der Verlust der traditionellen Glaubensmodelle (z.B. das Christentum mit Propheten,Heiligen/Vorbildern,moralischen Idealen) wird kompensiert u.a. durch Sport und Pornographie:
deren (kurzlebige) HeldInnen schildern/bieten uns neue Dramen und Mythen.
Der Hedonismus kann als zeitgemässer,egomanischer,käuflicher neuer Glaube dabei viel leichter und unverbindlicher an- und wieder abgelegt werden.
E.
Serenitas (lat.): die heitere Gelassenheit,mit der Götter,hier in den drei Putti,aus dem Olymp auf die Sorgen von uns Sterblichen herabschauen.
Doch das traditionelle Bild von den Göttern als Weltenlenker wird verkehrt: die Putti tragen hier zur Verwirrung bei.
Der Bezug (des Rahmens) zum griechischen Theater/Tragödie/Götterwelt:
die Gewissheit der unausweichlichen Abhängigkeit des Menschen von der Welt (ob "Götter","Schicksal",Wirtschaftsmarkt,Unberechenbarkeiten im (Privat-)Leben,gesundheitliche Risiken) gilt bis heute: der Mensch kann sich seinem Schicksal nicht entziehen.
Zumal sich heute zunehmend mehr in vielen Lebensbereichen fremdbestimmt erleben.